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Stadthalle Reethus / Flora Westfalica

Eine neue Stadthalle im Grünen, 1.Preis, 2008

Das neue Reethus ist elementarer Bestandteil der Flora Westfalica. Schon sein Name verrät seine enge Beziehung zur umliegenden gestalteten Landschaft, die die beiden Stadtteile Rheda und Wiedenbrück miteinander verbinden. Das neue Reethus bildet einen neuen Bezugspunkt in der Landschaft, eine Perle in der Auenlandschaft der Ems, und dient als neuer Kristallisationspunkt zwischen den Stadtteilen. Das „Weiterbauen“ des Parks ist wichtiges Ziel dieses Konzeptes. Daraus ergibt sich der Verzicht auf lineare Erschließungssysteme. Die Positionierung des Baukörpers in die frei fließenden offenen und von Vegetation bewachsenen Bereiche. Zusätzlich zum sonst lockeren Baumbestand bildet das Reet die horizontale Landschaft ab und erschafft landschaftlich erlebbare Zonen in direkter Nachbarschaft zum Veranstaltungsort. Die unmittelbar an das Gebäude angrenzenden Reetflächen schaffen eine unverwechselbare Atmosphäre und dienen der Adressbildung, der Name „Reethus“ wird in Zukunft selbstverständlich erscheinen. Um dem Reethus im Park mehr Präsenz zu verleihen und um die Qualität des Freiraums bis in das Foyer hineinzuziehen wird eine Auslichtung des Baumbestandes und ein grüner Teppich nach Osten vorgeschlagen. Eine großzügige Beleuchtung in der Nacht ermöglicht eine schnelle Orientierung und Übersichtlichkeit.
Das neue Gebäude im Grünen schafft Synergien mit den bereits an dieser Stelle bestehenden attraktiven Angeboten an die Bürger. Das Nebeneinander von Eingangsbereich und Aktionsmulde oder Gastrobereich und Seilzirkus entwickelt funktional, aber auch räumlich neue Qualitäten. Auf Grundlage vorhandener Zufahrten und Wege kann der Publikumszugang von Südosten und weitere notwendige Andienung von Nordwesten erfolgen. Das Gebäude mit der kreisförmigen Grundrissfigur und der bewegten Dachlandschaft fügt sich in den Ort ein und dient der Stadt Rheda-Wiedenbrück als zeichenhafter Bau. Er ist Zeuge einer zusammengewachsenen, kulturell lebendigen und gegenüber aktueller Baukultur aufgeschlossenen Stadt.

Das Programmatische Nebeneinander
Auf das vielseitige und teilweise konträre Programm (Flohmarkt/ Sinfoniekonzert) reagiert das Gebäude mit einer strukturellen Offenheit der Räume, die möglichst unterschiedliche Nutzungen zulassen und dennoch für die einzelnen Funktionen optimale Räume zur Verfügung stellen. Während die Räume im Erdgeschoss möglichst fließend und mehrfach nutzbar/ lesbar sind, schließen sich die Räume in den oberen Geschossen voneinander ab und entwickeln ihre eigenen Qualitäten. Der Kreis reagiert auf das Nebeneinander der unterschiedlichsten Räume und Funktionen und schafft eine zusammenhängende Großform, die alle Teilbereiche integriert und zum festen Bestandteil des neuen Reethuses werden lässt.

Materialien/ Fassade
Fassade und Materialitäten verarbeiten das Thema des Reets. Die langen Schilfhalme finden ihre Entsprechung in vertikal verlegten Holzlamellen in unterschiedlichsten Größen und Abständen, die in ihrer Materialität den Bezug zur Landschaft aufnehmen. Glasfassaden und in Teilbereichen eine weiße Lasur der Holzlammellen arbeiten aber auch bewusst den Gegensatz zur Landschaft heraus, um die Besonderheit und Modernität des Gebäudes herauszustellen. Auch im Inneren des Gebäudes entwickelt sich ein Zusammenspiel von Naturholzflächen, weißen Holzflächen, Sichtbetondecken, Glasfassade und dem Ausblick in den Park mit seinen Bäumen und bis an das Gebäude geführten Reetflächen. Dergestalt entwickelt sich ein modernes Zusammenspiel von Natur und Technik. Es ensteht ein bereicherndes Nebeneinander von verschiedensten Elementen die das dort stattfindende kulturelle Leben beflügeln soll.

Natur/ Technik/ Energie
Die geplanten Reetflächen ermöglichen den nachhaltigen und ökologischen Umgang mit Niederschlagswassers. Um die atmosphärische Qualität der Reetfelder zu garantieren muss der Wasserstand in den kurzen Trockenperioden reguliert werden, wohingegen er den Rest des Jahres als Verdunstungs- und Versickerungsanlage für das Niederschlagswasser funktioniert. Das Reet ist zudem als nachwachsender Rohstoff als Brennstoff und Baumaterial verwendbar. Trotz der relativ kleinen Fläche ist so auch eine beispielhafte Anlage für das Leben mit dem Wasser darstellbar.
Das durch die Kreisform sehr günstige A/V- Verhältnis zur Minimierung der Transmissionswärmeverluste und die klare Trennung der Funktionsbereiche in thermische Zonen bilden die Grundvoraussetzungen für einen geringen Energieverbrauch des Gebäudes. Das in geringer Tiefe befindliche Grundwasser bietet sehr günstige Voraussetzungen zur Nutzung als regenerative Energiequelle. Aufgrund der Temperatur des Grundwassers (ca. 9°C) kann eine elektrisch betriebene Wasser/Wasser- Wärmepumpe mit hoher Effizienz betrieben werden. Zur Wärmeübergabe wird in den Foyer- und Gastronomiebereichen eine in die Bodenplatte integrierte Flächenheizung und in den Bürobereichen eine Fußbodenheizung vorgeschlagen, die mit niedrigen Vorlauftemperaturen (ca. 40°C) gefahren werden können. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (> 85 %) und Nachheizregistern mit niedrigem Temperaturniveau sorgt für den hygienisch erforderlichen Luftwechsel. Die Büros und Garderoben werden über eine separate Lüftungsanlage mit kurzen Leitungswegen angefahren. Alle Flachdächer sind extensiv begrünt, gleichen die versiegelten Flächen aus und verbessern so das Mikroklima.

Ziel
In der für die Stadt Rheda-Wiedenbrück identitätsstiftenden Flora Westfalica soll sich ein prägnantes, offenes und sensibles Gebäude entwickeln können. Seine lebendige Atmosphäre und funktionalen Zusammenhänge schaffen neue Möglichkeiten für die Bürger, das neue Reethus bereichert die kulturelle Vielfalt der Region.

mit
JBBUG Johannes Böttger Landschaftsarchitekten